Thursday 08. February 2018

Koalitionsvertrag mit wenig Umwelt- und Energiethemen: Sechs Seiten für die Zukunft der Welt

Nachhaltigkeit ist überall – doch wo bleibt das Klima?

Wir schreiben das Jahr 2018. Dies sind die Abenteuer des (T)Raumschiffs Deutschland auf dem Weg in die nahe Zukunft. In den nächsten gerade mal dreieinhalb Jahren soll wieder eine GroKo die Offiziersriege stellen. Dieser Zusammenschluss dreier Wahlverlierer hat auch schon die letzten vier Jahre lang den Kurs im vorausrasenden Teil des schlingernden Kampfsterns Europa bestimmt.

Fünf Monate sind nun fast vergangen, seit der „Souverän“, das Wahlvolk, seine Stimmen abgegeben hat. Die Einzelnen haben fast schon wieder vergessen, vor wem und für wen sie ihre zwei Kreuzchen gemacht haben. Nachdem der selbstgefällige Wahlsieger, ein männliches Schwarzweiß-Fotomodell, zuerst unbedingt, aber am Ende „nicht falsch“ regieren wollte, kamen die drei echten Wahlverlierer doch noch zusammen, um eine neue GroKo zu schmieden.

Die Drei hätten zwar nach heutigem Umfragestand nicht einmal mehr eine „absolute“ Mehrheit, aber sei`s drum: Nach mehreren Wochen sondieren und sprechen kam ein 177-Seiten-Schriftstück heraus. Auf 8366 Zeilen kann nun jeder Wähler, jede Wählerin, jedes Schulkind nachlesen: Das wollen CDU, SPD und CSU zusammen anstellen, um „einen neuen Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland, einen neuen Zusammenhalt für unser Land“ zu schaffen. So jedenfalls lautet die Überschrift über dem Vertragsentwurf.

„Wir setzen uns für eine stärkere Berücksichtigung der Interessen der Entwicklungsländer ein“, steht darin. Aber das gilt nicht bei der Umwelt-, sondern „in der internationalen Finanz- und Steuerpolitik, für nachhaltige Finanzierungsmechanismen und den Aufbau von effektiven und gerechten Steuersystemen“.

Auf „Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit“ soll auch „eine offene und faire Handelspolitik zielen, die allen zu Gute kommt“ - vor allem aber „auf Wachstum“. Was das mit der „Richtschnur deutscher Politik Globale Nachhaltigkeitsstrategie Agenda 2030“ zu tun hat? Mhmm.

Der Wald im Quadrat – oder was genau ist die „Charta für Holz 2.0“? Natürlich muss auch die Forstpolitik „nachhaltig“ sein, vor allem aber wirtschaftlich. Wie das zusammengeht mit dem „Prinzip der Nachhaltigkeit“, das die möglichen GroKoisten „umfassend beachten“ wollen und dafür „wirksame Maßnahmen ergreifen, um den Artenschwund zu stoppen, die Landnutzung umweltgerechter zu gestalten, Wasser und Böden besser zu schützen, die Luft sauberer zu halten und unsere Ressourcen im Kreislauf zu führen“, bleibt offen.

Denn zum „Maßnahmenpaket Nachhaltigkeit“ gehört auch diesmal wieder nur ein „Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung, einschließlich eines Abschlussdatums und der notwendigen rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen und strukturpolitischen Begleitmaßnahmen“ nebst viel Geld – 1,5 Mrd. Euro – für die wenigen 1000 Kohlearbeiter. Die Mehrhunderttausend Ökoenergie-Beschäftigten, die wegen dieser Nicht-Kohleausstiegs-Strategie der letzten Legislaturperioden ihre modernen Jobs verloren, die tauchen dagegen nicht als Empfänger solcher „finanzieller Absicherung“ der Kohlelobby auf. Da hilft auch wenig, wenn von den Verhandlern vereinbart wurde: „Wir werden alle Subventionen – neue und alte – gemäß den subventionspolitischen Leitlinien und dem Prinzip der Nachhaltigkeit einer stetigen Überprüfung unterziehen.“ Das passiert bisher im Wesentlichen bei der Unterstützung des Ökostroms. Und diese finanzieren ja eh die Verbraucher per EEG-Umlage.

Ein kleiner Lichtblick ist jedoch das Versprechen: „Wir halten am Ausstieg aus der Kernenergie fest: Keine EU-Förderung für neue Atomkraftwerke. Beendigung aller Beteiligungen staatlicher Fonds an AKWs im Ausland.“

Dass die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) überhaupt auftaucht, ist fast ein Wunder: Sie werde „weiterentwickelt und umfassend modernisiert, so dass sie im Rahmen der Energiewende eine Zukunft hat. Wir werden die Kraft-Wärme-Kopplung CO2-ärmer ausgestalten und flexibilisieren. Wir wollen KWK-Anlagen und die Fernwärmeinfrastruktur ausbauen und effizienter machen“, steht auf Seite 73. Doch da ist auch zu lesen: „Wir werden Deutschland zum Standort für LNG-Infrastruktur machen.“ Sprich: Das Erdgasauto wird nun noch stärker protegiert. Das wiederum steht in den gerade mal drei Energie-Seiten des Kapitels „VI. Erfolgreiche Wirtschaft für den Wohlstand von morgen“. Auf den zehn Verkehrsseiten war dafür kein Platz mehr.

Auch für Umwelt und Klima müssen sieben Seiten reichen im Abschnitt „XI. Verantwortungsvoller Umgang mit unseren Ressourcen“. Ein Fünftel davon nimmt die eigentlich tote Atompolitik ein, lediglich zwei Zeilen die Luftreinhaltung, noch eine weniger als die Raumordnung.

Doch man darf die Wichtigkeit der Themen auch nicht am Platzbedarf im Koalitions-Text bemessen. Denn wie Regierung und Fraktionen arbeiten wollen, dafür genügen auch gerade mal zwei Seiten. Eingeschlossen ist darin dieser Absatz, der dem Grundgesetz-Artikel des freien Abgeordnetenmandats zuwider läuft: „Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“

Hoffentlich sind wenigstens die anderen Ideen auf den 177 Seiten verfassungskonform. Ob die Führungscrew damit aber das (T)Raumschiff Deutschland auf den richtigen Weg in die nahe Zukunft steuert? Da bleiben große Zweifel.

(Autor: Zukunftsenergie-Team Gammel)

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