Thursday 08. March 2018

Zum Neustart der Großkoalition: Unser Energie-Wunschkalender

...und was die GroKo draus macht. - In nicht einmal einer Woche wird es so weit sein: Die GroKo II fängt damit an, die Versprechen ihres 177-seitigen Koalitionsvertrags abzuarbeiten. Passend dazu haben wir vom Gammel-Zukunftsenergie-Team überlegt: Was wünschen wir uns eigentlich von der neuen Regierung? Und was steht dazu im Vertrag zwischen CDU, CSU und SPD?

Nachdem die letzte GroKo ja offensichtlich versucht hat, den Zukunftsenergien den Garaus zu machen, hat sich natürlich einiges angesammelt. Aber hat die „Neue“ – sie besteht bekanntlich aus denselben Koalitionären – überhaupt vor, dem Energiezug wieder Dampf zu machen?

Schon beim ersten Wunsch scheiden sich unsere und der GroKo Geister. Denn eigentlich gehört Lobbyisten der Energiekonzerne der Zugang zu Regierung und Bundestag versagt: Die beeinflussen unsere politischen Entscheidungsträger massiv und einseitig dank ihrer immensen Kohle (im doppelten Wortsinn). Doch im „Koalavertrag“ taucht das Wort „Lobby“ nicht auf. Demnach ist auch kein Lobbyregister vorgesehen.

Ein kohärenter Masterplan für die Energiewende über alle relevanten Verbrauchssektoren hinweg wäre unser Wunsch. Doch die GroKo will konkret lediglich Sektoren so koppeln, „dass >grüner Wasserstoff< und Wasserstoff als Produkt aus industriellen Prozessen als Kraftstoff oder für die Herstellung konventioneller Kraftstoffe (z. B. Erdgas) genutzt werden kann“. Immerhin: CDU, CSU und SPD wollen „in der Energie- und Klimaforschung gemeinsam mit der Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Akteuren Systemlösungen erforschen, insbesondere für die Sektorkopplung von Strom-Mobilität-Wärme.“ Was bedeutet: Es ist nichts wirklich Handfestes geplant.

Bei unserem Wunsch „Bepreisung der Folgeschäden von CO2 und sonstige Emissionen nebst deren Zuordnung zum Verursacher“ können wir etwas hoffnungsfroher sein. Immerhin steht das „Ziel CO2-Bepreisungssytem“ auf Seite 143. Doch leider will die Umweltnation Deutschland nicht vorangehen, sondern warten, bis eine solche CO2-Steuer auf der ganzen Erde kommt, „jedenfalls aber die G20-Staaten umfasst“.

Von unserer Hoffnung, es gäbe eine echte Energiestrategie, die kontinuierlich fortgeschrieben wird, ist praktisch nichts zu lesen. Und ein nachhaltiger Übergang ins Zeitalter der Erneuerbaren mit klaren Zielen und definierten Zwischenschritten ist nicht zu erkennen.

Werden also Verlässlichkeit und Kalkulierbarkeit in den energiepolitischen Weichenstellungen das Regierungshandeln bestimmen? Zuletzt jedenfalls war nur verlässlich, dass die Projektlaufzeit z.B. für die Planung und Errichtung von KWKK- (Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungs-)Anlagen länger dauerte als die Wechsel- und Aktualisierungsintervalle der gesetzlichen Richtlinien und Förderprogramme.

Dezentrale Energieerzeugung, also nah am Verbrauch, mit wenig Höchstspannungsleitungen dazwischen: Ein logischer Wunsch, der inzwischen auch von immer mehr örtlichen oder regionalen Versorgern geäußert wird. Doch „dezentrale Energien“ kommen auf 8371 Zeilen Vertragstext gerade zwei Mal vor. Die einst gewollte und inzwischen bestrafte Eigenerzeugung taucht im Übrigen im Text gar nicht auf.

Unserem Wunsch, Verteilnetze für Strom und Fernwärme auszubauen, steht der Satz im Vertrag gegenüber: „Wir werden unter Anerkennung der zunehmenden Verantwortung der Stromverteilnetzbetreiber den Regulierungsrahmen weiterentwickeln, um Investitionen in intelligente Lösungen (Digitalisierung) – gerade auch im Bereich der Verteilnetze – zu flankieren.“ Geschwurbel statt Fakten also.

Wir wünschen uns Smart Grid und Smart Metering als Basis, damit wir „Dezentralen“ für die Energie-Marktwirtschaft mit flexiblen Strompreisen gute Beiträge liefern können. Doch die Groko will „die Vorteile von Smart City und Smart Rural Area für die Menschen nutzbar machen.“ Was bitte?

Unserem Wunsch nach einem Flexibilitätsmarkt mit Biomasse, Biogas und KWK macht die neue Regierung Hoffnung. Aber warum will sie „KWK umfassend modernisieren, so dass sie im Rahmen der Energiewende eine Zukunft hat“? Mehr Freiheit statt gesetzlicher Vorgaben, verstärkter Ausbau der KWK statt „Modernisierung“ wären hier notwendig!

Wir wünschen uns Anreize für Strom-Speicher statt unsinniger Belastung mit Abgaben. Das gilt genauso für mobile Speicher z.B. in Elektro-Autos, die temporär zum Lastausgleich ins Netz eingebunden werden können. Ja, die GroKo verspricht „für Speicher entsprechende Forschungs- und Fördermittel“. Weil „Deutschland wieder Standort für Batteriezellenproduktion werden“ soll, wird es wohl „ein Fraunhofer-Institut für Speichertechnologien“ geben. Doch im selben Absatz wird klar, dass die Kohle-Lobby ein gehöriges Wort am Vertrag mitgeschrieben hat: „Wir werden prüfen, inwieweit zukünftig nicht mehr benötigte Kraftwerksstandorte für große thermische Speicher-Kraftwerke genutzt werden können.“ Das Gegenteil von notwendigem Kohleausstieg also.

Und so wird es wohl weiter dabei bleiben, dass die EEG-Umlage Abwärmeverstromung und dezentralen Infrastruktur-Ausbau bestraft. Aber wir werden uns das immer wieder wünschen – und diese Wünsche auch künftig genauso laut vortragen wie bisher.

Link zum Koalitionsvertrag:

www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf

(Autor: Zukunftsenergie-Team Gammel)

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