Thursday 29. June 2017

Wirtschaftlichkeits-Nachweis FW704 für Fernwärme und Speicher: Pauschal einfach oder einfach pauschal zur Finanzierungslücke

Ja wie wirtschaftlich ist denn mein Wärme- oder Kältenetz, mein Wärme- oder Kältespeicher? Für jemanden, der Netze und Speicher plant, ist diese positive Fragestellung logisch: Man will ja möglichst Netze errichten, die lang und sicher Wärme liefern. Und der Betreiber soll dabei eine auskömmliche Rendite erwirtschaften.

Fakt ist: Nur sehr gute Nah- und Fernwärme-Projekte sind heute wirklich rentabel zu betreiben. Gerade der niedrige Gaspreis ist der Feind nachhaltiger Wärmenetze auf Kraftwärmekopplungs-(KWK)-Basis. Deshalb sollten sich auch nur sehr gute Projektplaner und Fachleute mit viel Erfahrung an Projektentwicklung und Geschäftsmodell-Aufbau von Wärmenetzen wagen.

Doch nun gibt es das neue Arbeitsblatt FW 704 der einstigen Arbeitsgemeinschaft Fernwärme AGFW vom Mai 2017. Und das lässt den Schluss zu: Planung geht auch mit wenig Expertise. Zwar schreibt die AGFW – sie heißt heute offiziell „Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V.“ – über den Entwurf ihres FW 704 den Begriff „Wirtschaftlichkeit“. Doch tatsächlich hat der Verband darin ein „Verfahren zur Darlegung der Finanzierungslücke bei Neu- und Ausbau“ eben jener Netze und Speicher be- und aufgeschrieben.

Der Hintergrund, warum es FW 704 gibt: Die von der Bundesregierung für Leitungsnetze und Speicher vorgesehenen Zuschüsse sind faktisch Beihilfen. Sie dürfen deshalb nur gewährt werden, wenn die Wirtschaftlichkeit des Projekts nicht von Haus aus gewährleistet ist. Und das wiederum muss gegenüber der Europäischen Kommission auch nachgewiesen werden. Dazu hat sich die Bundesrepublik verpflichtet.

Denn Zuschüsse wiederum sollen „dazu führen, dass die betreffenden Unternehmen ihr Verhalten ändern und zusätzliche Tätigkeiten übernehmen“, auf die sie ohne Beihilfe verzichten würden. So steht es in den UEBBL, wie die Umweltbeihilfebestimmungen der EU abgekürzt heißen. Das sollte aber nicht dazu führen, dass nachhaltig unwirtschaftliche, nicht überlebensfähige Wärmesysteme bezuschusst werden und dadurch die Optimierung und sorgfältige Entwicklung tragfähiger Fernwärmemodelle unterbleibt.

Mit Finanzierungslücke-Berechnungsverfahren hat die AGFW Erfahrung. Für „unrentierliche Kosten“ bei Energiesparmaßnahmen in Stadtquartieren hat sie das Arbeitsblatt FW 703 nebst Berechnungs-Tool entwickelt und durchgesetzt. Deshalb konnte sie nun „aufgrund der langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem BAFA Einvernehmen darüber erzielen, wie die von der Bundesregierung geforderte >… möglichst unbürokratische Umsetzung der Bestimmung< aussehen kann“, schreibt der Verband in einer Fachzeitschrift.

Das BAFA, das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle wiederum ist vom Bundeswirtschaftsministerium mit der Verteilung vieler Energiefördermittel beauftragt. Das Amt dürfte froh sein, wenn es nicht selbst ein Rechenverfahren vorlegen muss, welches nachweist: Ist ein Projekt wirtschaftlich oder nicht? Und das Ministerium? Das hat bereits „Grünes Licht“ für FW 704 gegeben. Am 15. Mai bestätigte es, „dass das ausgearbeitete Verfahren der Beihilfeentscheidung der EU-Kommission entspricht“, erklären AGFW-Mitarbeiter.

Die AGFW hat bei ihrer Berechnungsmethode im FW 704 vor allem Pauschalen im Blick: „Für die Ermittlung der Finanzierungslücke ist für ein Investitionsprojekt pauschal mit einem Zeitraum zwischen Baubeginn und Inbetriebnahme von drei Jahren zu rechnen“, heißt es. Den internen Zinsfuß für die (Verlust-)Berechnung legen die Autoren pauschal mit acht Prozent fest, genauso die erlaubte Betreiberrendite.

Jedes Prozent mehr Erneuerbare Energien an der Erzeugung verursacht pauschal ein Prozent höhere Investitionskosten. Energiepreissteigerungen, Hausanschlusskosten, Nebenkosten, Gemeinkosten, Wärmenetzverluste, Stromkennzahl der KWK-Anlagen: Alles Pauschalen im FW 704.

Und wenn diese Pauschalen nach der Eingabe in die kostenlos bereitgestellte Excel-Tabelle zu einer Finanzierungslücke führt, dann bedeutet das: Das BAFA genehmigt 100 Euro Zuschuss pro Meter Netz. Entsprechendes gilt für Speicher - egal wie hoch die kalkulierte „negative Wirtschaftlichkeit“ tatsächlich ausfällt:  Ebenfalls alles pauschal.

Zugegeben: In vielen Fällen sind Wärmenetze heute nur mit Hilfe von Zuschüssen rentabel. Doch dass anscheinend weder BAFA noch Ministerium nicht wenigstens anerkannte Mindest-Qualifikationen wie „Energieberater im Mittelstand“ für diejenigen fordern, welche die Wirtschaftlichkeit von Projekten berechnen, um Zuschüsse zu bekommen, das ist nicht nachvollziehbar.

PS: Noch bis 15. September sind Stellungnahmen zum Arbeitsblatt AGFW FW 704 möglich. Oder wie es der Verband wohl konkret erwartet: Einsprüche.

Link: www.fw704.de

(Autor: Zukunftsenergie-Team Gammel)

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