Thursday 05. October 2017

Intelligentes Zählen ausgebremst: Viele Köche verderben das Smart Meter

Smart, was für ein Wort. Früher gab es nur smarte Broker, aalglatte Banker, die ihren Kunden das Geld aus der Tasche zogen, ihnen das Blaue vom Himmel versprachen und die sich bei abzeichnenden Gewitterwolken am Börsenhimmel aus dem Staub machten. Dann kamen die Smartphones. Die sind zwar offiziell intelligent, entziehen aber oft ihren Besitzern die intelligenten Gedanken, machen diese abhängig vom ständig-auf-den-Bildschirm-schauen. Und ob es intelligent ist, immer erreichbar zu sein, diese Frage sei hier auch einmal gestellt.

Viele in der Energiewirtschaft sprechen seit einigen Jahren fast nur noch vom Smart Meter. Intelligente Zähler für Gas, Strom, Wärme: Die Europäische Union hat sie gefordert, einige EU-Länder haben sie schnell „ausgerollt“ und führen inzwischen das „Roll-Out“ zum zweiten Mal durch. Deutschland war beim Ausrollen nicht wie sonst üblich an vorderster Stelle dabei, ja hat gar bis heute mit dem Roll-Out so seine Schwierigkeiten.

Da hilft es auch nicht, wenn der TÜV Rheinland auf der diesjährigen Funkausstellung in Berlin einen „Megatrend Smart Home“ ausgemacht haben will. Denn selbst wenn „immer mehr Hausgeräte mitdenken, smarte Technologien auf dem Vormarsch sind, mehr Komfort durch vernetzte Hausgeräte entsteht“: Der Zähler, der zum Beispiel die Waschmaschine genau dann einschaltet, wenn Stromüberschuss im Netz herrscht, den gibt es bis heute nicht in den normalen Kellern unserer Republik.

Klar ist für einen, der es wissen muss lediglich: „Bis 2032 sind die normalen Zähler durch elektronische ersetzt.“ Doch ob der normale Haushaltskunde von negativen Börsenstrompreisen profitieren wird, das steht auf einem anderen Blatt. „Das intelligente Messsystem, das müssen nur Verbraucher über 6.000 kWh betreiben“, sagt der Fachmann, über dessen Namen wir den Mantel des Schweigens decken wollen und ergänzt: „Wenn der Netzbetreiber nett ist, lässt er das vielleicht zu.“

Aber selbst für die mit höheren Verbräuchen, welche verpflichtend intelligente Messsysteme betreiben müssen, ist es bis heute unmöglich, Verbrauch und Erzeugung nach Bedarf und Verfügbarkeit in Deckung zu bringen. Zwar hätte eigentlich das Smart Meter Roll-Out am 1.1.2017 beginnen sollen. Dass der Startschuss aber noch einige Zeit auf sich warten lassen wird, liegt laut dem Fachmann an „den vielen Köchen: Die verderben den Brei“. Er zählt allein die Zuständigen für das Eichrecht – jeweils Ländersache -, drei betroffene Bundesministerien und –behörden auf. Es gebe zwar ein Smart-Meter-Gesetz – doch keine einzige der vielen Verordnungsermächtigungen, welche für die Umsetzung nötig seien. Genauso, wie eine Road Map des Gesetzgebers fehle.

Es liege also nicht an den Herstellern, dass nichts vorangehe, räumt unser Insider mit der oft zu hörenden Fehlinformation auf. „Es wird viel investiert, aber es fließt kein Geld zurück“, sagt er. Und er wisse, dass „Großunternehmen mit eigenen Projekten unter Druck sind, zum Erfolg verdammt“.

Gerade Immobilienfirmen und Vermieter dürften großes Interesse an Smart Metering haben, sind doch im Mieterstromgesetz bereits kleinste Details aufgeführt. So steht beispielsweise in §20 (1d): „Bei nicht an ein Smart-Meter-Gateway angebundenen bilanzierungsrelevanten Unterzählern ist eine Verrechnung von Leistungswerten, die durch standardisierte Lastprofile nach § 12 Absatz 1 der Stromnetzzugangsverordnung ermittelt werden, mit am Summenzähler erhobenen 15-minütigen Leistungswerten des Summenzählers aus einer registrierenden Lastgangmessung zulässig, soweit energiewirtschaftliche oder mess- und eichrechtliche Belange nicht entgegenstehen.“ Doch wie gesagt: Die eich- und stromzuständigen Behörden müssen hier erst einmal gemeinsame Lösungen formulieren.

Und so wird es wohl noch lange dauern, bis „vor allem die jüngeren Altersgruppen innovative Energiedienstleistungen“ nutzen können. Die seien nämlich am meisten daran interessiert, beim „Energieversorger mit individuellen (digitalen) Angeboten neue Umsätze zu generieren und sich langfristig zu binden“. So steht es in einer aktuellen Studie des Marktforschers BearingPoint. „Das Angebot von energienahen Services und Produkten ist bereits für 64 Prozent der Kunden besonders relevant, wenn es um die Auswahl ihres Stromversorgers geht. Zu energienahen Dienstleistungen zählen beispielsweise Gebäudeenergieeffizienz- und Energieeinsparprodukte, Smart-Home-Applikationen, Smart-Meter-Lösungen oder dezentrale Energieanlagen. Rund zwei Drittel der Befragten können sich entsprechend vorstellen, diese Dienstleistungen bei ihrem Stromversorger zu beziehen – wenngleich erst drei Prozent solche Angebote bereits nutzen.“

Wie denn auch – ohne Smart Meter?!

(Autor: Zukunftsenergie-Team Gammel)

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