Thursday 25. January 2018

Interview mit KWK-Professor Markus Brautsch: Die Technik ist vorhanden – der politische Wille fehlt

Zwiespältige Gefühle eines Energieforschers: Am Institut für Energietechnik der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden beschäftigt sich Professor Dr.-Ing. Markus Brautsch vor allem mit Blockheizkraftwerken (BHKW) und der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Das Gammel-Zukunftsenergie-Team (GZET) sprach mit ihm über die KWK-Zukunft in Deutschland.

GZET: Wie weit sind wir aus Ihrer Sicht bei der Kraft-Wärme-Kopplung?

Prof. Brautsch: Technisch sind wir auf einem sehr guten Stand. Wir liefern mit KWK schon lange nicht mehr nur Strom und Wärme bis 90 Grad Celsius, sondern wir produzieren außer Strom und Wärme auch Dampf oder Gefrierkälte. Unser Institut für Energietechnik bekommt dieser Tage den Preis für das BHKW des Jahres 2017. Mit dem erschließen wir ein ganz neues Segment der KWK, nämlich maßgeschneiderte Energieversorgung für die Industrie.

(Anmerkung: Gammel Engineering wurde mit der Kraft-Wärme-Kälte-Koppelung bei Osram in Eichstätt zum „BHKW des Jahres 2016“ vom Bundesverband KWK ausgezeichnet)

 

GZET: Haben Sie dazu ein Beispiel dieser aktuellen Entwicklung parat?

Prof. Brautsch: Wir sind technologisch viel weiter, als man glaubt, vom Anwendungsspektrum ebenso wie vom Wirkungsgrad: 45 Prozent Strom ist kein Problem. Und technisch sind wir auch auf einem herausragend guten Stand. Zum Beispiel: Die Zündkerze meldet sich selber, wenn sie gewartet werden muss. Das senkt die Instanthaltungskosten.

 

GZET: Aber ist das auch in den Köpfen der Wirtschaft angekommen?

Prof. Brautsch: In den Köpfen der Wirtschaft ist es drin. Aber die hat keine stabilen politischen Rahmenbedingungen. Denken Sie nur an die EEG-Abgabe beim Eigenstromverbrauch. Seit zwei bis drei Jahren musste die nur auf 40 Prozent des Eigenstroms bezahlt werden, das war in den Köpfen drin, deshalb wurde KWK wurde nachgefragt. Doch dann wurde das Ganze zwei Wochen vor Weihnachten rückgängig gemacht (Gammel Energiegedanken berichteten). Diese Unsicherheit ist das Problem. Da können wir immer günstiger und intelligenter werden. Aber wenn die Randbedingungen fehlen, wird die beste Technik nicht genutzt.

 

GZET: Wie wirkt sich die Unsicherheit auf die Arbeit in Ihrem Institut aus?

Prof. Brautsch: Unmittelbar sicher nicht. Doch die Wirtschaftlichkeit hat sich durch diese politische Entscheidung ungleich verschlechtert. Das ist an der Schnittstelle vom Labor in die Anwendung, also für die industrienahe KWK-Forschung nachteilig.

 

GZET: Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Was heißt das genau?

Prof. Brautsch: Unser Grundsatzproblem lautet: Wir werden nicht mehr nachgefragt, wenn sich die Randbedingungen Knall auf Fall ändern. Wir wollen ja Dinge erforschen und entwickeln, die angewendet werden sollen. Das braucht Vorlauf, also Zeit. Doch mit den volatilen Anforderungsbedingungen, zum Beispiel dem Kippen der 40-Prozent-KWK-Regel zum Jahreswechsel, wird diese Zeit genommen.

 

GZET: Gleichzeitig bekommen Sie aber Fördergelder von Bayerns Wirtschaftsministerium…

Prof. Brautsch: Ja, wir treiben damit die Digitalisierung der Energiewirtschaft insgesamt voran. Im November haben wir für den Landkreis Berchtesgadener Land Bayerns ersten digitalen Energienutzungsplan fertiggestellt. Darauf baut unser Forschungsprojekt für sektoral gekoppelte Energietechnologien auf, wir nennen es „SEG-e“.

 

GZET: Gibt es für diese digitale und spartenübergreifende Energieplanung überhaupt Bedarf?

Prof. Brautsch: Es gibt sogar viel mehr Nachfrage, als wir bearbeiten können. Beispielsweise aus den Landkreisen Kulmbach und Bamberg, von den Stadtwerken Hersbruck, aus den Städten Roth, Wolnzach, Vohburg. Das ist die Zukunft.

 

GZET: Klingt nach zwiespältigem Gefühlsleben eines Forschers. Danke, Herr Professor Brautsch für das Gespräch.

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Mehr zu Prof. Brautsch und das Institut für Energietechnik der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden: www.oth-aw.de/brautsch/an-institut/

(Autor: Zukunftsenergie-Team Gammel)

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