Thursday 19. October 2017

Dena-Leitstudie Energiewende: Wie die „Energiewende von unten“ von oben aufgedrückt werden soll

„Wir wollen mehr Bottom-up denken, weniger Top-down“: Das schreibt Andreas Kuhlmann zur Einführung in die „Leitstudie Integrierte Energiewende“, die von „seiner“ Dena, der Deutschen Energieagentur bis Ende 2018 erstellt werden soll. - Gut, deshalb ist es auch nur ein „Zwischenfazit“, das dieser Tage auf 20 Seiten öffentlich wurde. Aber der Anspruch des Projekts ist ja auch nicht ganz ohne: „Es geht um mehr als nur um eine simple Kopplung von Sektoren“, schreibt der Dena-Chef, sondern darum, deren „wachsende Zahl an Komponenten aufeinander abzustimmen und in einem intelligenten und nachhaltigen Energiesystem zu integrieren“.

Deshalb setzt die Dena bei ihrer Leitstudie „gezielt auf die Erfahrungen derjenigen, die die Energiewende in der Praxis umsetzen“. Damit meint Kuhlmann offensichtlich jene 66 „Stakeholder“ vom Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz bis zum Lobbyverband „Zukunft Erdgas“, deren Logos auf Seite 6 abgedruckt sind.

Ja, auch die „Zivilgesellschaft“ ist in einem Beirat vertreten. Doch ob die paar Umweltschützer, unter denen auch noch ein Vertreter des umstrittenen WWF ist, wirklich gegen die Allmacht von KfW oder BDI viele Worte zu Papier bringen werden, scheint mehr als fraglich. Einen BUND Naturschutz oder jemanden aus der Trassengegnerecke dazu zu bitten, dazu fehlte offensichtlich das Interesse. Oder „nur“ der Mut zur Auseinandersetzung? So jedenfalls dürfte die „Leitstudie“ am Ende eher eine Leidstudie werden, die ihren hochgesteckten Zielen nicht gerecht wird.

Altes noch nicht einmal in neuem Kleid

„Die Weichen müssen wir jetzt stellen“, um „2050 kaum noch CO2 auszustoßen“, schreibt Andreas Kuhlmann. Haben die Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft und Gesellschaft das nicht schon 1990 gemacht? Was ist dann in der Zwischenzeit passiert?

„Ein solides regulatorisches Fundament mit einer langfristig planbaren Anreizwirkung auf Energieeffizienz und effiziente CO₂-Vermeidung sowie eine konsistente Überarbeitung der Abgaben- und Umlagen wird benötigt“, liest man. Da fehlt das Wort ORDNUNG. Und neu ist das genausowenig: Altbekanntes zum wiederholten Male wiederholt. Wir wollen hier nicht das Wort „Geschwafel“ verwenden.

„Wegen der hohen Komplexität und Umsetzungskosten ist die integrierte Energiewende auf eine marktwirtschaftlich orientierte Ordnungspolitik anstelle einer staatlichen Planung mit Technologiegeboten und -verboten angewiesen.“ Das fordert ausgerechnet jene Energiewirtschaft, die in den vergangenen über 100 Jahren keine Marktwirtschaft zuließ, ihre Monopole verteidigte und immer noch vehement verteidigt gegen jede mögliche Konkurrenz aus Bürgerwindgenossenschaften oder privaten Solarkraftwerksbetreibern. Nur für die soll wahrscheinlich diese Forderung nach Marktwirtschaft gelten, nicht aber für die Monopolisten mit ihren Übertragungs- und Verteilnetzen und ihren Garantierenditen.

„Für Deutschland besteht ab 2030 selbst bei EL80 ein signifikanter Bedarf an synthetischen Brennstoffen, der bis 2050 selbst in diesem Szenario auf etwa 8 Prozent des Gesamtenergiebedarfs ansteigt.“ Ja, wenn Öl- und Gaslobbyisten statt dezentraler Energiewirtschaft eine Studie machen, dann werden die Beteiligten natürlich auf ihre Pfründe nicht verzichten wollen.

Das macht auch jener Absatz klar, der zwar fordert: „Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende sichern.“ Doch am Ende steht: „Dazu gehört auch, dass die Energiewende die weitestmögliche Sicherung bestehender Arbeitsplätze im Blick hat und neue schafft, sowie die industrielle Basis in Deutschland erhält.“

Daher weht also der großwirtschaftliche Wind. Die Bürger sollen deshalb offensichtlich lieber ihr Geld in „Sanierung von Gebäuden oder Nutzung von nachhaltigen Mobilitätsoptionen“ stecken statt in neue Energien. Da bleibt man wohl lieber unter sich in der Immer-Noch-Monopolwirtschaft. Die Forderung nach der „Entlastung der Onshore-Windflächen durch einen signifikanten Ausbau der Offshore-Windenergie“ beweist dies: Hier können nur Konzerne investieren, nicht Privatleute.

Aber hatte Dena-Chef Andreas Kuhlmann nicht eine „integrierte Energiewende“ gefordert? Ja, schon. Doch integrieren will er offensichtlich nicht die Interessen der „Kleinen“, sondern nur der Großen beim „Entstehen eines europäischen Energiebinnenmarkts“. Den wünscht er sich wohl sehr. Ob seine „Stakeholder“ – wer zahlt, schafft an – daran schuld sind, lässt er offen.

Aber dass er sich trotzdem traut, zu schreiben: „Wir wollen mehr Bottom-up denken als Top-down“, das ist schon - … - sehr mutig.

(Autor: Zukunftsenergie-Team Gammel)

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